Früherer Weltschiedsrichter Merk spricht über Figo, Zidane und Co.

Die Raiba Schrozberg-Rot am See sorgt mit dem früheren Welt-Schiedsrichter Dr. Markus Merk für ein rhetorisches Glanzlicht. 2018 kommt Pater Anselm Grün.

Von Mathias Bartels, Hohenloher Tagblatt

Mit Beckham konnte er’s, mit Zidane auch. Was gar nicht ging, war „die Sache mit dem schönen Luis“. Luís Filipe Madeira Caeiro Figo, Superstar der portugiesischen Fußball-Nationalelf und Spielmacher bei Real Madrid, und der mehrfache Welt-Schiedsrichter Dr. Markus Merk: Die zwei auf einen Nenner zu bringen – ein Ding der Unmöglichkeit. Zumindest wenn man den Worten des ehemaligen Zahnarztes aus Kaiserslautern Glauben schenkt. Und warum sollte man das nicht?

Geschichten wie diese sind es, die das Publikum beim Mitglieder-Forum der Raiffeisenbank Schrozberg-Rot am See und der Volksbank Vorbach-Tauber in Schrozberg vergnüglich schmunzeln lassen. Mit Markus Merk hatten die Veranstalter ohne Zweifel einen Glücksgriff getan, denn – mit Fragerunde – rund anderthalb Stunden hielt der redegewandte und weltoffene Ex-Fußball-Referee seine Zuhörer bei Laune.

Einsame Entscheidungen

Es waren aber nicht nur die Blicke in die Innenwelten des Antagonisten großer Fußball-Stars, die die Abendgäste teilhaben ließen an Glamour und Glitzerwelt des Weltsports Nummer 1. Es waren eben auch die einsamen Entscheidungen eines Mannes, an denen sich im Zweifelsfall weltweit an die eine Milliarde Menschen abarbeiten: Abseits oder nicht? Elfmeter oder nicht? Rote Karte oder nicht? Spiel kaputt pfeifen oder Kontrolle behalten? Kompromiss eingehen oder Linie durchziehen?

Dann eher so wie beim „schönen Luis“, dessen heißen Atem Markus Merk anscheinend stets im Nacken spürte. „Der schafft es problemlos, die Eskalationsstufe auf der Stelle nach oben zu treiben.“ Merk ist Figos „Anpfiff“ meist so aus dem Weg gegangen, dass er seinen eigenen Weg gegangen ist: Keine Flucht, aber mit Bestimmtheit fort in eine andere Richtung. „Einem Schiri wirft niemand vor, dass er sich bewegt“, beschreibt es Merk. Das genügte, „denn ein Figo läuft keine zehn Meter zu viel“. Der Star erwischte den heute 55-jährigen Pfeifenmann also so gut wie nie. Jahre später haben sie sich wiedergetroffen, der „schöne Wilde“ und der Doktor. „Jetzt darf ich endlich auch mal mit Ihnen reden“, habe Figo ihm da zugeraunt.

Bei all den unvermeidlichen Kontakten mit den Millionen verdienenden „Promis“ auf dem Rasen sei es stets darum gegangen, deutlich zu kommunizieren – verbal wie nonverbal. „Die Entscheidungen aber“, so Markus Merk, der die Pfeife endgültig vor neun Jahren aus der Hand gelegt hat, „die lagen ganz allein bei mir und meinem Team.“ Mit allen Konsequenzen bis hin zu der, dass er sich „zum Depp der Nation“ hätte machen können oder auch „nie wieder ein Spiel hätte leiten dürfen“.

„Sich(er) entscheiden“ lautete denn auch das Generalthema an diesem Abend in der Schrozberger Stadthalle. Und Merk ließ keinen Zweifel, dass er ein „schneller Entscheider“ war und ist. Deshalb auch sein (für ihn) logischer und unumkehrbarer Schlussstrich unter sein Dasein als Zahnarzt. Als er es leid hatte, „von der Hand in den Mund zu leben“, verkaufte er kurzerhand seine Praxis, sattelte um auf Unternehmensberater, moderierte vier Jahre beim türkischen (!) Fußball-Sender „Maraton“, trat sieben Jahre als Experte bei „Sky“ in Erscheinung.

Schnell entscheiden, konsequent entscheiden und fehlentscheiden seien die drei Formen der Schiedsrichterarbeit. Auch Berechenbarkeit und eigene Handschrift seien extrem wichtig. Die „schnelle, aber nicht übereilte Entscheidung“, so Merk, bringe nicht nur dem Referee einen Handlungsvorsprung. Auch im „richtigen Leben“ helfe diese Vorgehensweise, vor allem, wenn sich auch noch antrainierte Umfeldbeobachtung dazu geselle.

Wenn er dann mal eine Fehlentscheidung getroffen habe, gestand er, habe ihm das oft genug der Blick auf die Pressetribüne verraten. „Wenn die Jungs alle die Hände vorm Gesicht zusammengeschlagen haben, dann wusste ich, dass ich wohl daneben gelegen habe.“ Und was dann? „Dann später, bitte sehr, eine zweite Fehlentscheidung – für den zuvor Benachteiligten.“

Aus Stress wird Motivation

Sogar der Umgang mit extremem Druck sei lernbar, ist Markus Merk überzeugt: „Aus Stress und Belastung wird Motivation.“ Außerdem sei es ihm immer wichtig gewesen, sich bei sämtlichen Entscheidungen „den Faktor Spaß zu bewahren“. Sein Lebensmotto passt dazu: „Das Leben findet heute statt.“

Keine Frage: Mit dem Motivator Markus Merk, der sich selber motiviert hat, nicht nur Ultra-Marathon zu rennen, eine Indien-Stiftung ins Leben zu rufen, den Nordpol zu erkunden und zuweilen selber ein Bierchen zu brauen, haben die Veranstalter sich und dem Publikum einen echt riesigen Gefallen getan. Und der nächste Knaller ist bereits „im Sack“: Für kommendes Jahr hat Pater Anselm Grün schon als Redner zugesagt. Chapeau!